James Cook (Mercedes) versus Florida/Sven Hedin (VW)

Der James Cook (Westfalia-Ausbau auf Basis von Mercdes T1) und der Florida bzw. der Sven Hedin (beide von Westfalia gebaute Versionen auf VW/LT-Basis) waren quasi die Urversionen der fernreise-tauglichen Kastenausbauten, die bis heute in unzähligen Varianten gebaut werden. Sie kamen Mitte der 1970er Jahre auf den Markt und revolutionierten den Wohnmobilausbau, indem sie neue Dimen-sionen schufen was Raumangebot und Raumausnutzung angeht - bei gleichzeitiger Motorisierung, die den zunehmend schnelleren Verkehrsverhältnissen Rechnung trug.  Auf rund 5x2m Fahrzeug-Grund-fläche und ca. 3,3x1,7m Ausbaufläche fanden eine Sitzgruppe für 4 Personen gut Platz, eine für Kasten-wagenverhältnisse groß dimensionierte Küche und eine richtige Nasszelle (mit Duschmöglichkeit und WC), wie wir sie heute in großen GFK-Wohnmobilen finden. Vor allem aber die Schlafstätten mit den üppig dimensionierten Hochdachbetten mit 200 x 150 bzw. 160 cm Liegefläche und ca. 1m Sitzhöhe schufen eine völlig neue Wohnkultur von der heutige Kastenausbauten mit ihren Heckbetten (wegen der fehlenden Hochdachkapazität) nur träumen können. Seitlich bot sich dank der großen Hochdach-fläche der hohen Reimo-Hochdachhauben auch die Möglichkeit, Kanus oder Surfbretter o.ä. zu befesti-gen, ohne dadurch mögliche Dachluken etc. zu behindern.

Beide Fahrzeuge boten ein gutes (wenngleich für heutige Verhältnisse träges) Fahrverhalten. Beim Leistungsgewicht hatte der James Cook die Nase etwas vorn mit 33,68kg/PS Leistung, während der Flordia es nur auf 38,04kg/PS Leistung brachte. Nimmt man dazu noch die größere Windschnittigkeit des James Cook, so machten sich diese Werte durchaus bemerkbar und zwar hauptsächlich an Steigungen oder beim Überholvorgang im Bereich zwischen 70 und 100 km/h. Freilich, im Vergleich zur heutigen Sprinter-Generation mit Leistungsgewichten von unter 20kg/PS und Spitzengeschwindig-keiten von über 160 km/h war in diesen Wohnmobilen nur ein gemächliches Fortkommen möglich. Andererseits, viel mehr als 100km/h sollte mit einem 3,5t-Wohnmobil in voller Ausrüstung eh nicht gefahren werden. Wohnmobile sind für den Urlaub oder die große Fahrt da, nicht für Wochenend-Rasereien auf der Autobahn.

Während Cockpitgröße und Rundumsicht beim VW als sog. Frontlenker besser waren, ging es im Mercedes ruhiger zu und der Durchgang in den Wohnbereich war auch deutlich einfacher, weil der Motorblock kaum ins Fahrerhaus ragte, während er beim VW den Raum zwischen den Fahrersitzen komplett ausfüllte. Der Turbogetriebe Diesel des VW hatte bei höheren Drehzahlen auch deutlich mehr Durchzugskraft (was wir durch den nachträglichen Einbau eines Turboladers aber kompensieren konnten). Als reiner Frontlenker hatte der VW bessere Sichtverhältnisse, dafür aber lautere Motorenge-räusche im Cockpit. Mit der heutigen Motorisierung und unter Einbeziehung des Cockpits wären sie dank ihrer Hochdachkonfiguration jedem modernen Kastenwagen haushoch überlegen.

Beiden Ausbauvarianten entnahmen wir zahlreiche Anregungen für unseren Berglöwen, der uns über 20 Jahre und fast 200.000 km begleiten sollte. Dazu kamen diejenigen Ausbauteile, die für expediitons-taugliche Mobile unerlässlich sind (mehr Frisch- und deutlich weniger Abwasser und mehr bzw. besser zugänglichen Stauraum usw.), welche die Westfalia-Ausbauer aber nicht anboten, weil sie eher den Camping orientierten Nutzer im Auge hatten. Dazu gehörte auch das stabilie SCA-Hochdach.

 

Der James Cook auf Basis Mercedes Benz T1 Transporter beinhaltete ein langlebiges Fahrzeug, welches in der 5-Zylinder Diesel-variante (210D/310D/410D) 95 PS/70 KW auf die Räder brachte und je nach Getrie-beübersetzung eine Höchstgeschwindig-keit von 110km/h bis 130km/h aufwies. Er bot ein relativ gutes Verhältnis zwischen Fahrzeug- und Wohnraummaßen:

Fahrzeug:

5235x1975x2997 mm (LxBxH)

Ausbaufähiger Wohnraum:

3300x1675x2450 mm (LxBxH)

Ausbaufähiger Schlafraum (im Hochdach):

3900x1500x1000 mm (LxBxH)

Die bewährte Technik des MB 310 D bot ausreichend Leistung, um die 3200 kg Gesamtgewicht für damalige Verhältnisse flüssig im Verkehr zu halten und mit einem Durchschnittsverbrauch von ca. 11 l/100km (in den 1980er Jahren) doch relativ sparsam unterwegs zu sein. Mit seinen je 70 l Frisch- und Abwasser und einem 8kg-Gastank - dazu 50 l Kompressorkühlschrank und Nasszelle mit Boiler und Truma-Standheizung - eignete er sich auch für größere Reisen in weniger bewohnt Gegenden. Bei sparsamer Lebensweise konnte man durchaus 2 Wochen autark stehen. Durch viele sog. Kältebrücken (Stellen, an denen kalte Luft oder Kälte nicht abgeschirmt bzw. isoliert werden kann) bedingt, eignet er sich - ebenso wie der Florida - nur bedingt für Wintercamping oder freies Stehen am Skilift.

Im Gegensatz zu seinem VW-Konkurrenten war er von der äußeren Form etwas windschnittiger, was einen geringeren Verbrauch nach sich zog. Auch er hatte über dem Heck eine Dachaussparung ent-weder für ein Gepäckbox (250l) oder als offener Stauraum für den verzurrten Transport. Der graue Innenausbau war sehr ähnlich dem des VW-Florida/Sven Hedin (beide wurden von der Firma Westfalia ausgebaut) und diente uns nur als Anregung, da wir einen gemütlichen Vollholzausbau anvisierten.

 


Der Florida ebenso wie der Sven Hedin - sie sind nahezu baugleich - basierte auf dem weit ver-breiteten VW LT31-Transporter, dessen 6-Zylin-der Turbo-Dieselmotor 92 PS/68 KW auf die Räder brachte. Dies sorgte für eine Höchstge-schwindigkeit von ca. 120km/h bei einem etwas höheren Kraftstoffverbrauch als der James Cook, der vor allem durch den höheren CW-Wert be-stimmt wurde. Wie bei allen Wohnmobilen muss-te auch hier innere Geräumigkeit und Gradwan-digkeit mit Fahrleistungseinbußen  o.ä. bezahlt werden. Die Frage war und ist bis heute geblieben: Wieviel Einbußen auf der einen Seite rechtfertigen die Vorteile auf der anderen ...?

Auf der anderen Seite, nämlich, konnte sein Verhältnis von Fahrzeugmaße und Wohnraum dank der quaderförmigen Kastenform als sensationell gut bezeichnet werden. Im Grund war er von seinen Ausbaufähigkeiten her betrachtet der Vorläufer für die rechtwinkligen Gfk-Wohnmobile:

Fahrzeug:

5020x2040x3200 mmm (LxBxH)

Ausbaufähiger Wohnraum (unten):

3050x1800x2600 mm (LxBxH)

Ausbaufähiger Schlafraum (im Hochdach):

3800x1700x1100 mm (LxBxH)

Damit war der Wohnraum zwar etwas kürzer als beim James Cook, dafür aber breiter, was für allem für die Betten in Stehhöhe (1,70m im Vergleich zu 1,50m beim James Cook) eine nicht unwesentliche Rolle spielte. Überhaupt war das Hochdach deutlich geräumiger (sowohl breiter als auch höher) als beim Mercedes. Dennoch kamen auch der Sven Hedin/Florida in die ADAC-Wertung, was die Transportfähig-keit des Wohnmobils beim Abschleppen anging. Hier darf ein Fahrzeug aufgrund der Straßenverkehr-sordnung nicht höher als 3,2m sein, um huckepack auf der Laderampe eines leichten LKW-Abschlepp-dienstes abgeschleppt werden zu können.

Voll beladen kam der Florida auf 3500 kg und brauchte dann im Schnitt ca. 13 l Diesel. Der Motor war vor allem im unteren Drehzahlbereich durchzugsstärker und insgesamt auch drehfreudiger, aber seine Laufleistung kam bei weitem nicht an die des Mercedes heran. Der Turbomotor hatte ein etwas spritzigeres Verhalten als der reine Saugdiesel des Mercedes, aber die Fahrgeräusche waren lauter und der Durchgang nach hinten wesentlich schwieriger (bedingt durch den in das Cockpit weit hinein-ragenden Motorblock).

Ausgestattet war der Florida mit den gleichen Ausstattungsmerkmalen wie der James Cook (siehe oben), nur dass die Nasszelle, der Frischwassertank (100 l) und die Sitzgruppe etwas größer waren (man sieht das deutlich am in den Küchenraum ausragenden Vorsprung der Nasszelle). Auch mit dem Florida konnte man mind. 2 Wochen in der Pampa stehen bzw. durch kaum bewohnte Gegenden fahren, vor allem, da er eine große Dachzulademöglichkeit besonders für sperrige Reiseutensilien über dem Heck bot. Insgesamt war der Innenausbau den beschriebenen Maßen entsprechend etwas kürzer, hatte aber durch die größere Breite ein etwas tieferes Schrankvolumen, eine größere Nasszelle und eine breitere Sitzgruppe, was für eher beleibtere Fahrgäste von deutlichem Vorteil ist. Alternativ waren der Sven Hedin/Florida deutlich mehr familientauglich, da bis zu vier Reisende - zwei davon schliefen auf der umgeklappten Sitzgruppe - gut Platz hatten und zudem mehr Stauraum boten sowohl durch tiefere Schränke als auch wegen des üppigen Stauraums auf dem Dach, auf dem z.B. eine 500l-Dachbox Platz hatte oder ein offener Stauraum für Gurtbefestigungen den Transport sperriger Güter ermöglichte. 

Die Entscheidung:

 

Es war keine Frage - vom Ausbau bzw. der Ausbaufähigkeit konnte der James Cook auf MB 310 D dem Florida/Sven Hedin auf VW LT31 wegen dessen geradelinigem Kasten nicht das Wasser reichen. Auf einer Stehhöhe von ca. 1,8 m wies der geradwandigere LT 31 einen Breitenvorsprung von ca. 20cm auf, ein nicht zu unterschätzender Vorteil in der Frage der Schlafqualität wie der Schrankkapazität. Dies machte auch die größere Ausbaulänge des James Cook nicht vollständig wett. Aber der Ausbau sollte bei unserem Berglöwen im Detail dann doch viel aufwändiger sein und außerdem waren wir nur zwei Personen, weshalb uns dieser Aspekt letztlich zweitrangig erschien. Was zählte, vor allem bei dem relativ teuren Wohnmobilausbau eines Kastenwagens, war die Langlebigkeit und Robustheit des Basisfahrzeugs und da konnte der VW mit dem Mercedes - weder was die Karosserie noch was den Motor betraf - mithalten. Bei der unter Wohnmobilisten nachgewiesenen Laufleistung übertraf der der MB 310 D den VW LT31 um fast das Dreifache. Das gab letztendlich den Ausschlag für den Mercedes als Basisfahrzeug, vor allem, weil der wesentlich edlere und wertvollere Ausbau im Vergleich zu den von Westfalia ausgebauten James Cook bzw. Florida/Sven Hedin die Lebensdauer des Wohnmobils doch auf mind. 30 Jahre bei einer Laufleistung von mind. 500.000 km bringen musste (500.000 km war die von Mercedes anvisierte minimale Leistung als kommerzieller Transporter im Vergleich zu 150.000 beim VW LT).