Berliner Mauerfestspiele
(Sa, 01 Feb 2025)
von Don Albino
Die Brandmauer, das sind wir, sagte die Abgeordnete der Linken am 31. Januar 2025 im Deutschen Bundestag – und es ist was dran, es ist was dran. Die AfD hat erstaunlich lange
gebraucht, um das Wort von den ›Brandmauertoten‹ zu kreieren, obwohl es so nahe lag und durch die zementierten Abstimmungsrituale den Politikern geradezu auf die Lippen geschoben wurde. Das
Volk, das gewisse ›Volk‹ war da weiter – in Aufgebrachtheit und Ablehnung, in Pro und Contra, und nicht zuletzt in der Frage: Wem nützt’s? Der von der eigenen Fraktion gerade auf Normalmaß
zurückgestauchte Kanzlerkandidat der Union hat es endlich geschafft, dieser Frage Zutritt zur großen Wahlkampftribüne zu verschaffen: Wem nützen die Ermordeten? Eine heikle Frage, in
der Tat, man sollte die Gruppe der Täter bei der Suche nach einer Antwort nicht vom Haken lassen, aber daran zeigt vorderhand niemand Interesse. In anderen Ländern scheint man da weiter zu
sein.
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Wählen als Herausforderung
(Wed, 29 Jan 2025)
von Rainer Paris
Die Stimmabgabe bei Wahlen ist ein einfacher Akt: Man macht an einer bestimmten Stelle sein Kreuz und hat damit seiner demokratischen Bürgerpflicht und Verantwortung Genüge getan. Und dann
geht man nach Hause und wartet am frühen Abend die ersten Ergebnisse und Hochrechnungen ab.
Das Vorfeld jedoch ist, zumal in heutigen Tagen, kompliziert. Vorbei sind die Zeiten, in denen es klare Präferenzen für bestimmte Parteien gab und man immer schon wusste, wen man wählen
würde. Nicht nur, dass die Zahl der Parteien erheblich zugenommen hat; heute muss man von vornherein in möglichen oder absehbaren Koalitionsoptionen denken, also die gesamte Figuration
einbeziehen, wenn man den Wirkungsgrad seiner Stimme abschätzen will.
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Die unfeine Kultur entlässt ihre Aufseher
(Thu, 23 Jan 2025)
von Don Albino
Lassen Sie mich so anfangen: Wer den Tanz ums Goldene Kalb als Urbild aller Firmenkultur begreift, für den dürfte Elon Musks Häuptlingstanz… Schon falsch! Haben Sie ihn gesehen? Haben Sie
sich umgesehen? Eher nicht? Das habe ich mir gedacht. Das ist das Schöne am heimischen Publikum: die uninformierte Informiertheit. »Lesen Sie ruhig weiter, auch wenn Sie nichts verstehen.«
»Was gibt’s?« Es ist gegenwärtig kein Reisewetter, da kann man schon einmal durch die News scrollen. Hat gemacht! Ja was denn? Pardon, das hier sind keine
News. Erwarten Sie Reflexion, pure Reflexion.
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Die deutsche Sprachpolizei gibt bekannt
(Wed, 22 Jan 2025)
von Herbert Ammon
Ehedem ließ ich mich von Radio 3 Kultur auf RBB (Radio Berlin-Brandenburg) zum Frühstück samt Zeitung mit klassischer Musik berieseln. Schon ehe der RBB durch Postenschacher, Bereicherung und
Misswirtschaft für Aufregung sorgte, hatte ich mich, genervt von ständigen Unterbrechungen durch »Kulturnachrichten«, auf das morgendliche Programm von BR Klassik umorientiert, wo mehr Musik
und weniger Politkommentare zu erwarten sind. Meine Erwartung wurde heute morgen widerlegt: Als erste (!) Information der stündlichen Nachrichtensendung mussten wir Hörer (m/w/d) vernehmen,
dass eine Jury in Marburg die Bezeichnung »Biodeutsche« zum »Unwort des Jahres« erklärt habe.
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Die Konservativen sind nicht die Kommenden – eine Provokation
(Mon, 20 Jan 2025)
von Helmut Roewer
Falls Sie einen Konservativen kennen, so besuchen sie ihn ohne Scheu. Tun Sie es bald, denn… man weiß ja nie. Falls Sie einen Konservativen kennen, vermeiden Sie es, ihn danach zu befragen,
was das denn sei, so ein Konservativer. Nehmen Sie stattdessen ein Schlückchen von seinem in überschaubaren Quanten angebotenem Roten, schlürfen den mit aufgesetztem Kennerblick und lassen
sich die familiären Sammlungen zeigen, Stocknägel, Flinten, Krawattennadeln oder so. Freuen Sie sich im Übrigen an dem wohltemperierten Gespräch, das nur ab und an die Grenzen des Politischen
streift und von dort mit kurzem Augen-zum-Himmel-heben wieder weggelenkt wird.
Sie werden sich höflich verabschieden und auch mit ebenderselben Höflichkeit verabschiedet werden, und wenn sie den angenehmen Abend Revue passieren lassen, dann werden Sie sagen: Schön, dass
es sie noch gibt, diese Konservativen.
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Formen und Funktionen der humoristischen Dimension in Erzähltexten des Sarmatien-Projekts von Johannes Bobrowski
(Wed, 15 Jan 2025)
von Burckhard Dücker
Für die kulturwissenschaftliche Untersuchung der humoristischen Dimension (Humor, Ironie, karnevalistische Szenen, Komik, Parodie, Schwank, Verlachen, Witz u.a.) als kommunikative
Handlungsform in Johannes Bobrowskis »Zeitroman[en]« mit historischem Bezug Levins Mühle (1964) und Litauische Claviere (postum 1965) scheint ein Blick auf Geltung und Funktion von Humor und
Komik in der öffentlichen Kommunikation der Gegenwart nützlich zu sein, weil er den Rezeptionskontext der Studie erschließt. Markieren zeitgenössische Belege doch einen entsprechenden
Referenzrahmen, in dem Wahrnehmungen und Einschätzungen von sowie Erwartungen an Situationen und Formen des Lachens sichtbar werden. Haben Lachen, Humor und Komik bestimmbare soziale
Bedeutung und gesellschaftliche Funktionen?
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Über die Eitelkeit
(Sun, 12 Jan 2025)
von Helmut Roewer
...und andere nützliche Motive, eine Autobiografie zu lesen
Der Dienstagmittag war regenverhangen in Erfurt, und da ich zu früh dran war, trat ich in das mildtätige Geschäft von Oxfam ein, um mich unter den Augen wohl konservierter älterer Damen die
nächsten zehn, zwanzig Minuten herumzudrücken und vor dem einsetzenden Dauerregen zu schützen. Ein wunderbarer, ein ordentlicher Laden, die Bücher reichlich und wohl sortiert. Die
überwiegende Zahl davon autobiografischen Inhalts und davon die meisten von Schauspielerinnen.
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Geostrategie 2025
(Wed, 08 Jan 2025)
von Jobst Landgrebe
Die Geostrategie, eigentlich eine Arkanwissenschaft, hat derzeit Hochkonjunktur, was man daran merkt, dass sich nun ein jeder berufen fühlt, sich zu dem Thema zu äußern; so auch der Autor.
Dabei lassen sich im Westen zwei führende Schulen geo-strategischen Denkens abgrenzen: der neo-konservative Altbestand US-amerikanischer Prägung, der das Washingtoner Establishment und die
wesentlichen westlichen Leitme- dien der NATO-Ländern dominiert, einerseits, sowie das Lager der westlichen Kritiker der eigenen Hegemonialpolitik andererseits. Wir fassen hier die beiden
Positionen kurz zusammen, bevor wir einige der Nuancen der Kritiker vertiefen und verfeinern, um uns zu fragen: Quo vadis, Occidens?
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Feindschaft, Gegnerschaft und Krieg
(Fri, 03 Jan 2025)
von Rainer Paris
In soziologischen Konflikttheorien spielt die Analyse der Feindschaft nur eine untergeordnete Rolle. In den einschlägigen Übersichtsartikeln sucht man das Stichwort oftmals vergebens; wenn es
überhaupt auftaucht, dann häufig in Verbindung mit ›Krieg‹ oder als Verweis auf den Politikbegriff Carl Schmitts. Zudem konzentriert sich die Fragestellung in der Regel auf die
sozialstrukturellen Ursachen gesellschaftlicher Konflikte (Parsons, Dahrendorf) oder in mikrosoziologischer Perspektive auf die interaktive Dynamik von Gewalt.
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Weltoffenheit
(Wed, 25 Dec 2024)
von Ulrich Schödlbauer
WELTOFFEN, mit einem großen runden O in der Mitte: In Großbuchstaben steht das Wort über der modernen Einwanderungsgesellschaft, man könnte meinen, es handle sich um das Gegenstück zu Dantes
Höllen-Inschrift Lasciate ogni speranza, voi ch'entrate! Wobei, wie jeder weiß, es gar nicht so einfach ist, alle Hoffnung fahren zu lassen. Im Ernstfall benötigt man dazu die
höllische Assistenz. Die weltoffene Gesellschaft, gäbe es sie ohne Wenn und Aber, wäre eine Gesellschaft ohne Türen, somit auch ohne wirklichen Innenraum und ohne die Hoffnung, es möge an
dieser Stätte besser oder gerechter zugehen als anderswo. Ihr bliebe einzig die Hoffnung, to make the world a better place, wie einst der Wahlkampfslogan des amerikanischen
Präsidentschaftskandidaten und späteren Präsidenten Obama verhieß, zu dessen Amtszeiten dann pünktlich der Drohnenterror perfektioniert wurde. Doch da nirgends so heiß gegessen wie gekocht
wird, sind solche Stätten sehr selten, am ehesten trifft man sie auf dem Papier. Wirkliche Weltoffenheit scheint eher eine Sache des Mehr oder Weniger zu sein, das klug erwogen sein will.
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